14.09.2019

Medienkolumne: Die Wahrheit. Nichts als die Wahrheit.

Sitzen zwei am Tisch. Der eine sagt: «Es regnet.» Der andere entgegnet: «Es regnet nicht.»

Was mache ich als Journalistin? Schreibe ich: «Während A sagt es regne, bestreitet B dies?»

Natürlich nicht. Ich gehe vor die Tür und schaue nach.

Was mache ich, wenn der eine sagt: «Die Umfahrungsstrasse braucht es» und der andere erwidert: «Die braucht es nicht»?

Warum stelle ich Ihnen diese Fragen? In meiner letzten Kolumne habe ich Sie gebeten mir zu sagen, wie man Journalismus besser machen könnte. Danke für Ihre engagierten Rückmeldungen. Ein Punkt, der immer wieder kam: Medien sollten die Wahrheit schreiben.

Aber: Welche Wahrheit? Die der lärmgeplagten Anwohnerin an der Hauptstrasse? Die des Tiefbauunternehmers? Die der Besitzerin eines schmucken Häuschens, das weichen müsste?

Schon dieses relativ banale Beispiel zeigt: DIE Wahrheit gibt es oft gar nicht.

Wir Journalistinnen und Journalisten können diesen Anspruch also nicht erfüllen. Schon gar nicht in jedem einzelnen Artikel.

Was wir aber können: wahrhaftig arbeiten. Also so, dass wir immer nach bestem Wissen und Gewissen versuchen, der Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen.

Dazu gehört – und daran können Sie uns messen –, alle wichtigen Elemente einer Information auf den Tisch zu legen. Für Fakten zwei unabhängige Quellen zu haben. Fair zu berichten, also alle Seiten anzuhören. Und sich von keiner Seite vereinnahmen zu lassen. Auch nicht von der guten.

P.S.: Es hat übrigens nicht geregnet, sondern genieselt

Medienkolumne, erschienen bei CH Media

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